Warum essen wir, wie wir essen?

Wie und was wir essen, ist von vielen Kriterien abhängig. Eines davon ist, wo wir leben. In Deutschland essen wir ganz anders als in Ruanda, Neufundland oder Japan. In einer zivilisierten Gesellschaft ernähren wir uns anders als in einem Wildbeuter-, Jäger- oder Viehzüchtervolk oder in einer hungergeplagten Krisenregion. Die Ernährungsethnologie ist ein neuerer Zweig der Völkerkunde. Sie befasst sich unter anderem mit verschiedenen Zubereitungsarten und Rezepten, dem Nährwert von Maden, Beeren und Wurzeln, hinterfragt bestimmte Nahrungsopfer, die Umwelteinflüsse und ihre Wirkung auf das Nahrungsangebot oder bestimmte Verhaltensweisen rund um das Essen.

Warum wir essen, wie wir essen, ist also umwelt- und regionsabhängig. In jeder Region der Erde verfügen die dort lebenden Völker über tradiertes Ernährungswissen. Sie wissen genau, wo und wann sie welche Wurzeln, Früchte und Beeren finden, die essbar sind. Sie wissen, wann bestimmte Wildarten in der Region sind und wie man sie erlegt, zubereitet und konserviert. Was, wann und wie wir essen, ist auch kulturell und sozial verschieden geprägt. Reiche essen überall auf Erden anders als Arme, Bergvölker in eisigen Regionen tischen andere Nahrungsmittel auf als Menschen in heißen Ländern. Was wir verzehren, ist außerdem geprägt von Temperaturen und klimatischen Bedingungen, die wiederum das Angebot dessen bestimmen, was wir essen können. In Tibet konnte man lange nur wenig Importiertes genießen. Man musste sich mit dem begnügen, was angebaut, geschlachtet und geerntet wurde und hoffen, dass man etwas Besonderes wie Aprikosen, Salz oder Gemüse im Tauschhandel erhielt. Das limitierte das Angebot meistens auf wenige Lebensmittel. Kein Wunder also, dass man an Festtagen alle Einkaufs-Quellen nutzte, umso üppiger auftischte und unglaublich zulangen konnte!

Die Genetik spielt eine große Rolle im Essverhalten. Männer essen anders als Frauen. Im Alter mag man oft Dinge, die man als junger Mensch nicht ausstehen konnte. Hier fließt aber auch eine gewisse Schulung und Gewöhnung mit ein. Hauptsächlich werden aber unsere Geschmacksnerven mit der Zeit anders gesteuert. Kinder reagieren anders auf Bitterstoffe als Erwachsene – und das schützt sie vor Gefahren. Duftet aber ein Shampoo nach Apfelaroma, gefährdet und täuscht sie dieses Aroma auch. Dadurch kommt es immer wieder zu Unfällen mit aromatisierten Produkten. Unsere Gene bestimmen teilweise mit, was wir vertragen und was nicht. Bestimmte Nahrungsmittelallergien oder Unverträglichkeiten sind durchaus in der Anlage vererbbar. Ganze Völker vertragen beispielsweise keine Milchprodukte. In unseren Breiten ist die Werbung ein gravierender Einflussnehmer! Sie suggeriert uns, was gesund und lecker ist und wir übernehmen das unkritisch. Statt des tradierten Essverhaltens frönen wir zunehmend einer neuen Ernährungsphilosophie. Cola statt Wasser, Burger statt Kohlrabi, Fettgebackenes statt Möhrensalat, Schokopudding statt Apfelkompott, das bleibt aber nicht ohne Folgen. Sie verändern nicht nur unsere Figur zum Nachteil, sondern haben auch andere Nährwertgehalte und Vitalstoffmengen. Und: Wir geben unser modifiziertes Essverhalten weiter. Im Luxus eines Riesenangebots essen wir nicht mehr, um zu überleben – sondern, weil es schmeckt. Wir ziehen wertlose Nahrung der wertvollen vor, lassen uns vorgaukeln, “veredelte” Produkte der Lebensmittelchemie seien vitaminreicher, gesünder und leckerer als die Früchte des Feldes. Conveniencefood ersetzt Kochkunst und wir lernen von der modernen Mutter, dass das praktisch und o.k. ist.

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